„Das macht dann mal die Frau“

Frauen kommen von der Venus und Männer aus dem Baumarkt. Frauen haben ein Verständnis für Technik und Männer eines fürs Basteln.
Für den Standard vom 11.5.2007
Tool-Set-For-Woman.jpgFrauen wird gemeinhin ein Verständnis für Technik abgesprochen. Sagen die Männer. Frauen interessieren sich nicht für Mikroelektronik, nicht für Motorentechnik, nicht für logische Denke. Sagen die Männer. Völliger Holler. Frauen können das alles. Besser und schneller. Frauen fliegen im All, rechnen an Superstrings, pilotieren Megatanker und leiten Großkonzerne. Was Frauen nicht können und nicht wollen ist: Basteln. Und bei aller Liebe: Übers Basteln reden wollen wir schon gar nicht.
Basteln ist ganz sicher Männerland. Darin sind die Männer groß: im Zusammenstecken nicht kompatibler Computerbestandteile, im Schrauben an verrosteten Altautomotoren, im Bohren dicker Löcher in feste Betonwände. Schon an der Programmierung einer Waschmaschine scheitern Männer: „Das macht dann mal die Frau, das ist nicht so meins.“
Das angebliche Faible der Männer für Technik ist nur eine tranige Umschreibung für ihre Lust am Basteln. Basteln ist aber nicht Technik, Basteln ist Basteln. Topfuntersetzer aus Kluppen, Raumplastiken aus Kleiderbügeln und Nistkästen aus Tischlerabfall. Schon von Bubenbeinen an werden Männer im Basteln ausgebildet. Angeblich, um später einmal die Welt mit dem Lösen komplexer funktioneller Probleme zu beglücken. Papperlapapp. Einen Knopf kann kein Mann annähen, schon ein gerissenes Schuhband stellt ihn vor ein Dilemma, und vom Bohren dicker Löcher in feste Betonwände abgesehen, haben Männer keine signifikanten Vorteile im Umgang mit komplizierten Dingen. Dicke-Löcher-in-feste-Betonwände-Bohren geht mit zwei linken Händen auch.
Und was ist mit den Uhrmachern? Auch zwei linke Hände? Die Uhrmacher sind doch wohl alle Männer, sagt mein Männer liebender Männerfreund. Die Uhrmacher, Honey? Soll ich lachen? Wenn Uhrmachen eine virile Tätigkeit wäre, gäbe es Schwarzenegger-Filme von Zahnradfeilern. Dann würde Claude van Damme an Patek-Philippes schrauben und Bruce Willis ein Uhrengeschäft retten und nicht sein Raumschiff. Hand aufs Hosentürl, meine Herren: Uhrmachen ist so männlich wie Haare zu mèchen oder T-Shirts zu batiken.
Den Mythos, ein Verständnis für Technik zu besitzen, leiten Männer aus ihrer Neigung ab, Schrauben in Muttern zu stecken. Über die Symbolkraft dieses Vorgangs gibt es meterweise Literatur. Nehmen wir Autowerkstätten: Vergaser wollen ein- und ausgeschraubt werden, Ventilritzel justiert, Kurbelwellen zentriert, Lenkspiele optimiert. Ein idealer Ort für die Schrauben-in-Muttern-Stecker. Kein Wunder, dass Autowerkstätten von Männern geliebt werden. Automechanik ist Basteln mit Eisen. Männerland.
Schrauben in Muttern stecken können Männer auch beim Zusammenfummeln von Computerbestandteilen. Die größte Industrie des Planeten hat sich darum entwickelt, dass Männer gerne Komponenten zusammenstecken. Bei den Computern kennen sich die Männer so gut aus wie bei den Bohrlöchern und den Gaspedalen. Glauben sie. Auf die Idee, Computer zu erfinden, die ohne Glauben und Komponentenstecken funktionieren, sind bisher nur wenige gekommen. Solche Computer heißen dann auch nicht Computer, sondern Apple und machen nur Frauen Spaß. Und Grafikern.
Wir erinnern uns an die Zeit, als Männer noch Buben waren und statt in Betonwänden noch in der Nase bohrten: Wenn der Typ aus der Nachbarklasse seiner Liebe Ausdruck verleihen wollte, hat er eine Kassette zusammengestellt. Minutiös waren darauf Titel, Interpret, Länge der Aufnahme, Mikrofonabstand, Dolby-ein/aus-Status, Band-Magnet-Ratio und ähnlicher technischer Schnickschnack verzeichnet. Dazu verfasste er ein Beipackheft von der Dicke einer kleinen Bibel. Wenn wir Mädchen Kassetten aufnahmen, schrieben wir allemal „Gute Musik“ drauf oder „Partyband“, „Kuschelmucke“ und „Beste Freundin“.
Männer können mit Traktoren auf Biergläsern balancieren, aber schon beim Zusammenlegen ihrer T-Shirts kläglich scheitern. Sie können mit skischuhgroßen Schlagbohrern zolldicke Dübellöcher in Stahlbeton meißeln, aber beim Feilen eines rissigen Fingernagels in Ohnmacht fallen. Sie können spritzen und angasen, schrauben und zangeln, aber schon vor der Öffnungsarchitektur eines Geschirrspülers stehen sie wie das Kalb vor dem Gatter.
Andrea Maria Dusl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.5. 2007

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