Vergessen wir Rio!

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 20.8.2016.

Das Wort Sport kommt vom spätlateinischen disportare und bedeutet nicht weniger, als sich zu zerstreuen. Es fand über die üblichen Hegemonialverhältnisse seinen Weg erst ins Französische (se de(s) porter) und dann ins Englische (to disport). Der Olympische Gedanke und sein böser Gefährte der ökonomische haben den Sport als globales Dauerereignis petrifiziert. Überall wird zerstreut. Nach allgemeiner Übereinkunft gilt Sport als gut. Seine Heroen sitzen neben den Göttern. Das sind je nach Gesellschaftssystem Diktatoren oder Filmschauspieler.

Der berühmte Anekdotenmagnet und Premierminister Winston Churchill soll auf die Reporterfrage, wie er als Zigarrenaficionado und Whiskeytrinker sein hohes Alter erreicht habe, geantwortet haben: “No sports”. Das Zitat ist nur im deutschsprachigen Raum bekannt und sagt mehr über die Aussenwirkung des Britenpremiers aus, als über ihn selbst, war dieser doch als junger Militär als Fechter, Schütze, Reiter und Polospieler aktiv. Mehr noch, als über 70-Jähriger stand der dicke Staatsmann gut und gerne in den Steigbügeln teurere Pferde und nahm an Fuchsjagden teil. Verbürgt soll das Zitat sein, demnach keine Stunde, die man im Sattel verbringe, verloren sei. Kavalleriexperte Churchill verweist damit implizit auf die Herkunft des Sports aus ganz anderer Quelle als jener der Zerstreuung im Gutsein. Heraklit von Ephesos hat 25oo Jahre vor Churchill die Verwandtschaftverhältisse von Mars und Olympia in eine Matrix gestanzt: “Krieg ist aller Dinge Vater, aller Dinge König. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien.“

Österreich, das im Beschreiten von Kriegspfaden, dem Mitmachen durch Dabeistehen und dem Feinsein durch Beinanderbleiben viel Expertse angesammelt hat, ist traditionell dialektisch konstituiert: Bella gerant alli, tu felix austria youTube. Kriege mögen andere führen, Du glückliches Österreich, schaue zu. Im Nofall gilt aber auch hier die polizeiliche Anweisung: “Zerstreuen sie sich ihnen!”

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