Die Trumpete

Eine der zentralen Regeln des Showbusiness lautet: Überrasche das Publikum mit dem, was es sich insgeheim erwartet. Es darf uns nicht wundern, dass der Leitsatz erfolgreicher Bühnenkunst längst von der Politik entwendet wurde. Dabei wird die Frage laut, ob es nicht umgekehrt ist, und sich Schauspieler der Politik bemächtig haben. Nicht unvergessen blieb, dass einer der Architekten des Neoliberalismus, der nachmalige US-Präsident und Kaltkrieger Ronald Reagan seine Karriere als Leinwand-Revolverheld begonnen hatte. Drama gab man auch in der Alpenrepublik: Der freiheitliche Achill Jörg Haider verstand sich insgeheim als Schauspieler und setzte die Maske des Populismus nur auf, um seiner eigentlichen Leidenschaft zu frönen: Dem Geliebtwerden durch Parkett und Claque. Karl Heinz Grasser litt am Schicksal vieler jugendlicher Rampenhelden: Er war zu schön, zu jung, und letztlich zu gut frisiert, um den Lear zu spielen, und schliesslich zu alt für den Hamlet. In der Parodie auf die vorgenannten Genres verlor sich der Langzeitherscher Italiens, der Selbstdarsteller und Bungabungatänzer Silvio Berlusconi. An ihm war alles Chimäre. Konsequenterweise liess er sich die Maske des Dauerromeo chirurgisch implantieren. Diese Form der Wahrhaftigkeit war dem Publikum dann bald langweilig. Berlusca, wie die Italiener ihren Langzeitregenten nannten, wurde jüngst selbst zum Role-Model. Der Tycoon-Interpret und Pussy-Dompteur Donald Trump setzte sich die blonde Eigenhaar-Perücke auf, schminkte sich das Gesicht orange und spielte den US-Berlusconi: White-Trash-Tourette als Regiekonzept. Das Stück, das sich Trump auf den feisten Leib schreiben liess: Wollt ihr den totalen Donald? Das Werk gelang. Die Trumps, ein Amalgam aus Addams-Family und Denver-Clan ziehen demnächst ins Weisse Haus ein. Zur Freude des russischen Mimen Wladimir Putin. Der gefällt sich bekanntlicherweise in der Rolle des stählernen Landeshelden. Mal tritt er als Düsenflug-Pilot auf, mal reitet er brustfrei in den Sonnenuntergang. Dichter- Zeilen gelten auch hier: Die ganze Welt ist Bühne. William Shakespeare, Wie es euch gefällt.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 26.11.2016.

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