Die Leningrad Cowboys

01-01-2001 / 14:20

Um das Jahr 1996 sollte die Finnische Cult-Combo ‚Leningrad Cowboys‘ auf dem legendären Wiener ‚Donauinselfest‘ auftreten. Ein Sturmtief regnete aber soviel Wasser auf das Fest, dass der Auftritt aus Sicherheitsgründen (Elektrisiergefahr an den Stromgitarren!) abgesagt wurde.

Ich war damals mit einer skurilen, semiavantgardistischen Truppe befreundet, die sich Lomographen nennen, und die behaupteten, ‚Freunde‘ der Leningrad Cowboys zu sein. In ihrem Schlepptau kam ich erst zur verregneten Stätte der Absage und dann in eine Sattellitenstadt von Wien. Dort sollte ein Ersatzauftritt stattfinden. Hiess es. Vor der ‚Rockhalle‘, wie das Lokal hiess, stauten sich Hunderte erboster Leningrad-Cowboy-Fans, die alle nicht einsehen wollten, warum sie auf ihre Idole verzichten sollten.

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Leningrad Cowboys in der Sauna.

Die Lomographen und ich kämpften uns durch die Menge und wurden schliesslich an einer Glastüre vorstellig. ‚Nein‘, hiess es, ‚die Cowboys träten nicht auf und wir sollten uns verziehen‘. Die Lomographen gaben zu bedenken, dass sie ja ‚Freunde‘ der Leningrad Cowboys‘ seien, fanden damit aber kein Gehör.

Ich sprach schliesslich ein paar Worte schwedisch (das man dort offensichtlich für finnisch hielt) und zeigte meinen Presseausweis, worauf wir seltsamerweise Einlass fanden. (Die Lomographen konnte ich als meine Assistenten ausgeben.)

Die berühmten Leningrad Cowboys sassen drinnen bei schalen Brötchen und lauem Bier in der Kantine der ‚Rockhalle‘ vor einem Fernsehapparat und verfolgten ein Fussballspiel. Ich denke es war irgendetwas in der Richtung Holland-Frankreich. Die Cowboys sahen alle eher aus wie Tankwarte und hatten ihre famosen steilen Tollen zu ordinären Pfferdeschwänzen zurückgebunden. Sie sahen alles andere aus wie skurile Popstars. Eher wie Al Bundy mit Antonio-Banderas-Frisur.

Ich wettete 20 Scheinchen (Währung gab ich keine an) gegen einen Sieg von Holland. (Auf diese Truppe hatten sich die Finnen eingeschworen). Frankreich gewann das Fussballspiel zum grossen Entäuschung der Leningrad-Cowboys und ich damit einen Original-2O-Finnmarkschein, der von allen Cowboys signiert wurde.

Um die Stimmung zu heben habe ich dann vorgeschlagen, ein paar Taxis zu rufen und in ein Lokal namens ‚die Bar‘ zu fahren, um beim dortigen Barkeeper, Herrn Horst Scheuer mit meinen neuien Freunden anzugeben. Horst war aber nicht da und so sind wir dann in das Nachbarlokal, eine Studenten-Absturz-Kneipe namens ‚Altwien‘ gegangen.

Weil die Leningrad Cowboys aber allesamt eher wie Helsinkier Tankwarte, als wie finnische Kultstars aussahen, nahm niemand im ‚Altwien‘ grössere Notiz von ihrem Dortsein. (Eine Freundin, der ich am Klo begegnete, wollte mir erst gar nicht glauben, sah aber dann doch nach dem Rechten und übergoss mich mit Hohn: ‚Wenn das die Leningrad Cowboys sind, dann steht bei mir grad Elvis Presley an der Theke!‘)

Die 9 bis 12 Leningrad Cowboys (ich glaube, auch die Mixer und Gitarrenkabelträger zählen da mit) tranken Unmengen von Vodka und sprachen insgesamt etwa fünf Sätze in acht Stunden. Das sei so üblich bei Ihnen erklärte mir ihre Managerin.

© Andrea Maria Dusl

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