Hektor

Falter 10/2003 vom 04.03.2003.

Sehr geehrte Frau Andrea!

In unserer Familie wird das Gerät zum Verstopfte-Toiletten-und-Abflüsse-wieder-frei-bekommen seit Generationen „Hektor“ gennant. Ich habe mich umgehört, aber niemand sonst verwendet dieses Wort für die Gummiglocke am Holzstiel. Haben Sie schon mal von „Hektor“ gehört oder ist diese Bezeichnung eine Erfindung meiner Verwandtschaft?

Mit freundlichen Grüßen
Moritz Omasits, Internet

Lieber Moritz,

der ziegelrote Gummistopfer mit dem zivilisierte Haushalte der Verstopfung ihrer Toilettensyphone begegnen, heisst in lexikalischer Nüchternheit Saugglocke (engl.: plunger). Im deutsche Sprachraum ist der Klostopfer meist als Pümpel bekannt. Regional sind allerdings die unterschiedlichsten Namen im Umlauf: Gummimex, Klempnerlunge, Klostessel, Mupf, Pfropfer, Plömel, Pumpex, Ruck-Zuck, Saugdrücker, Schlopser, Schupse, Stampfer, Stopfer, Stöpsel, Tetschepümpel. Soweit so deutsch. Von entscheidender Bedeutung für die Herausbildung eines österreichischen Synonyms ist einer der bedeutendsten Industriepioniere der damaligen Zeit, Johann Nepomuk Reithoffer der 1824 ein Privileg auf Herstellung wasserdichter Textilien, 1828 eines für maschinelles Weben dieser Stoffe unter Verwendung von Kautschuk erwirbt. 1856 erwirbt Reithoffer eine abgebrannte Mühle, errichtet darauf eine Gummifabrik – die erste dieser Art am europäischen Kontinent – und erzeugt dort Gummischuhe für Hände und Füsse, gummierte Stoffe, Bälle, technische, chirurgische und sanitäre Gummiartikel. 1872 werden drei Modelle einer patentierten Saugglocke mit den Namen griechischer Sagengestalten auf den Markt gebracht. Während sich die Modelle Augias und Sysiphus eher zäh verkauften, wurde das Modell Hektor, eher zufällig nach dem tapferster Held der Trojaner bennant, zum beliebtesten Hilfsmittel in den Toiletten der k.u.k. Monarchie.

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