Wenn der Kranführer mal muss

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 30/2014
Liebe Frau Andrea,
vor vielen Jahren habe ich den Steffl bestiegen. Oben angekommen habe ich den Turmwart gefragt, wie er das mit der Notdurft denn macht. Es gibt ja dort oben kein Klosett. Leider erhielt ich keine Antwort. Die Kranführer auf den Baustellen stehen ja auch vor dieser Aufgabe. Wie lösen die ihr Problem? Sie können es ja nicht so machen wie die Radfahrer der „Tour de France“.
MfG, Christoph Patak, pEm.
Lieber Christoph,
die Entledigung flüssiger und halbflüssiger Stoffwechselprodukte gehört zu den grossen Menschheitsthemen. Gleichwohl ist dieses Feld von zahlreichen und wirkmächtigen Tabus verhüllt. Einer Gesamtbetrachtung muss sich diese Kolumne aus Platzgründen versagen, wir wollen uns heute nur mit Detailfragen beschäftigen. Die Radfahrer der Tour de France (und anderer Radrennen) haben zweierlei Strategien des Urinierens entwickelt, die eine ist die kollektive Pinkelpause des Feldes, die andere das Wasserabschlagen während der Fahrt. Kranführer und Turmwarte sind strukturell völlig anders exponiert. Weder befinden sie sich in einem Feld, noch fahren sie. Kranführer drehen sich allenthalben. Als einfachste (aber anstrengendste) Variante für Turmwarte und Kranführer, auf die Toilette zu gehen, darf der Abstieg und das Aufsuchen mobiler oder festinstallierter Einrichtungen gelten. Der Turmwart des Stephansdomturmes, dies ist hochkonfidente Information, hat an seinem Arbeitsplatz oben Zugang zu einem kleinen Klo. Besuchern wird dies verschwiegen. Vor der Installation stiller Örtchen waren auf Türmen Regenrinnen und Nachttöpfe in Verwendung. Als moderne Entsprechung letztgenannter Utensile gelten tragbare Kleinstaborte mit chemischer Geruchsneutralisation und moderne Taschen-Urinale, wie sie Segler und Flieger verwenden. Die Kranführerszene berichtet schon mal von technisch weniger Aufwändigem. Uriniert wird in der Regel in mitgebrachte PET-Flaschen oder Kanister, die in der Mittagspause diskret auf der Baustelle entleert werden. Auch das Abschlagen gegen die Gegenballaststeine hoch oben am Kran wird von Kranführern als gängige Praxis beschrieben. Bei Regen oder grosser Höhe wird schon auch mal aus der Kabine geludelt, so geht die Saga, natürlich nicht gegen den Wind.
www.comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Ein Gedanke zu „Wenn der Kranführer mal muss“

  1. Ich habe wirklich großen Respekt vor dem Beruf als Kranführer. Gerade auch wenn man so schwere Lasten transportieren muss. Man hat richtig viel Verantwortung. Verantwortung die ich mir nicht zutrauen würde. für jeden der diesen Job mach, Respekt und Anerkennung.

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