Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 13.8.2016.
Der große Österreich-Analytiker Helmut Qualtinger soll einmal, während einer Amtshandlung wegen Nichteinhaltens der Sperrstunde, den Beamten gefragt haben: “Entschuldigung, Herr Inspektor, eine Lernfrage!“ “Bitteschön“, habe der Angesprochene geantwortet. “Was ist“, wollte Qualtinger weiter wissen, “wenn er zu einem Inspektor“ sage: “Sie Trottel!“. Das sei eine Amtsehrenbeleidigung, soll der Beamte geantwortet haben, und werde mit einer Geldstrafe geahndet. “Gut“, habe Qualtinger weiter gefragt, “und was, wenn i zu einem Trottel ‘Herr Inspektor’ sage?“ Der Polizist habe kurz nachgedacht: “Dann ist garnix.“. “Na dann“, habe sich Qualtinger verabschiedet, “gute Nacht, Herr Inspektor!“
Eingedenk ihrer semantischen Qualität läßt sich die legendäre Anekdote auch in der jüngst aufgeloderten Debatte über den Real-Status des osmanischen Präsidenten in Stellung bringen, in der Frage nämlich, ob es zulässig sei, denselben mit Titeleinschätzumgen zu belegen, die über seine nominelle Funktion hinausweisen. Darf man zu einem Präsidenten Diktator sagen? Und welche Strafe fasste man dafür aus? Die Enthauptung auf offener Brücke? Kerker und Folter? Die Konfiszierung der Siebensachen? Die Entlassung? Die Böhmermannisierung? Eine Klage wegen Herabwürdigung? Oder nur einen derben Kommentar auf der Nachrichtenplattform Twitter? Endet die Präsidialmacht Postputschtrunkener an den Grenzen eines Landes oder überschreitet sie diese? Und überschritte sie diese, wäre sie dann nicht erst wieder Hinweis auf ihre Ausweitung ins Feld des Diktatorischen? Diese Fragen gilt es zu klären, ohne der Neurose der Angst zu verfallen. Nach Freud wäre diese nämlich die Resultierender der Triebregungen des “Es“. Auf den skizzierten Fall angewandt hieße dies, wir fürchteten uns vor dem starken Mann, weil wir Angst hätten, dass wir uns einen starken Mann wünschten. Der große Polterknabe Trump und der Stichwahlkandidat aus dem Burgenland spielen beide Etuden auf dieser Klaviatur. Gibt es Antwort auf das Dilemma? Man wird sehen. In jedem Fall gilt: “Gute Nacht, Herr Präsident!“