Das Rätsel der Teebutter

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 31/2017 zum 2.8.2017.

Liebe Frau Andrea,
ich bin urlaubsbedingt auf dem Lande und frühstücke ausgiebig und ernst. Der Summe meiner Wahrnehmungen entsteigt eine gar nicht so einfache Frage: Warum heißt es auf der Butter manchmal „Teebutter“?

Beste Grüße und vielen Dank,
Ernst Schachler, per Email

Lieber Ernst,

diese Frage beschäftigt das österreichische Publikum in unterschiedlicher Intensität seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Mit dem Begriff verbindet sich das Bild eines silbrigglänzenden Butterriegels, der bis heute als „Viertel“ und „Achtel Butter“ zirkuliert. In grüner Schrift auf Alufolie verkündet das butyrische Streichfett von der heimischen Milchkuh den rahmighellen Exzellenz-Inhalt „Teebutter“. Man wäre versucht anzunehmen, „Kaisersemmelbutter“ oder „Wiener Frühstücksbutter“ wären besser geeignete Bezeichnungen für die „feine Butter“ der „höchsten Güteklasse 1“, indes heißt die feinste Qualität heimischer Butter-Erzeugung auch im Kaffeehausland Österreich traditionell „Teebutter“. Die Nachfolgestaaten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie haben den Terminus der Molkereikunde wortwörtlich übersetzt. So kennt das Tschechische unsere „Teebutter“ als „čajové máslo“, das Slowakische als „čajové maslo“, das Slowenische als „čajno maslo“, das Kroatische als „čajni maslac“ und das Ungarische als „teavaj“. Der österreichischer Sprachwissenschaftler und Slawist Stefan Michael Newerkla, Professor für westslawische Sprachwissenschaft an der Universität Wien ist der Sache mit wissenschaftlicher Akribie nachgegangen und hat einige der separat tradierten Mythen zur Begriffsgeschichte erodiert. Etwa die Schärdinger Molkerei-Saga, nach der schon 1904 österreichische Butter am englischen Königshof zum 5-Uhr-Tee gereicht worden sein soll. Das Problem: Der Begriff „Teebutter“existierte schon vor dem Anlaufen des Exportgeschäfts der Schärdinger mit den Royals. Auch die Ableitung des Begriffs vom ungarischen „tej“ (Milch) hält strengerer Untersuchung nicht statt. Das magyarische „teavaj“ (Tea-Butter) hat keine Wurzeln in der Umgangssprache und darf als Abpausung aus dem Österreichischen gelten. Auch die Hypothese, Teebutter gehe auf die tibetische Tradition des Konsums von Tee mit Butter zurück, bleibt unschlüssig, weil die Tibeter explizit ranzige Butter für das ihnen stimmige Geschmackserlebnis präferieren. Schließlich schmilzt auch jene Theorie bei kritischer Inspektion, die in der Silbe „Tee“ das Akronym TEE, soviel wie TEschen Erzherzog, und damit ein Produkt der einst marktbeherrschenden Molkereierzeugnisse des Erzherzogs Albert aus der schlesischen Stadt Teschen (dem heutigen Cieszyn) sehen wollen. Die Teschener Theorie kann als spätere Namensdeutung erkannt werden, schrieb sich doch unser Begriff zu Monarchiezeiten noch „Theebutter. Der wahrscheinliche Ursprung des Begriffs ist mundaner Natur, er reflektierte auf die westlich-europäische, vornehmlich britisch-aristokratische Faibles für die Teezeremonie und generierte eine ganze Liste „feiner“ Produktbezeichnungen. Als bekannteste seien das „Teegebäck“ erwähnt, die „Teewurst“ und in zentraler Stellung unsere „Teebutter“.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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